Erklärung über die Taufe

Eine gemeinsame Erklärung von Kirchen in den Niederlanden

– Mai 2012, Heiloo –

Die Taufe

Wir erkennen die Taufe als ein heiliges Zeichen das Christus uns anvertraut hat, – das uns mit Ihm und miteinander verbindet. Auch wenn wir in vielen Punkten unterschiedlich denken sind wir hierin miteinander einig: Die Taufe ist ein Zeichen der Gnade Gottes, – sie lässt uns teilhaben am Geheimnis von Christi Tod und Auferstehung (Röm 6, 3-4), sie führt uns zu einem neuen Leben. Diejenigen die dieses heilige Zeichen empfangen dürfen wissen, dass sie Teil der Kirche Christi sind, die überall und allzeit ist. So haben sie Teil an dem einen Geist und sind sie ein einziger Körper geworden (1 Kor 12, 13).

Wir bekennen, dass die Geschichte der Praxis und Theologie der Taufe auch eine Geschichte von Konflikten gewesen ist. Bis auf Weiteres trennen unterschiedliche Sichtweisen von Taufe noch einige Kirchen von einander. Taufanerkennung beginnt damit, dass Gläubige aus verschiedenen Traditionen miteinander ihre Taufgeschichten teilen, und in unterschiedlichen Taufpraktiken das Werk des Heiligen Geistes anerkennen.

Wir, die Kirchen, die diese Erklärung unterzeichnen, erkennen jede Taufe an, die im Glauben und in Gehorsamkeit gegenüber dem Auftrag Jesu (Math 28, 19) vollzogen wurde im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und die, inmitten der dabei beteiligten Gemeinschaft und gemäß den dort gültigen Regeln, mit Wasser vollzogen wurde. Die so vollzogene und empfangene Taufe ist einmalig und unwiederholbar.

Wir bestätigen mit der Unterzeichnung, dass wir eine Taufe die in einer der mitunterzeichnenden Kirchen vollzogen wurde als gültig anerkennen, sofern dabei Obengenanntem Rechnung getragen wurde. Die Form kann dabei unterschiedlich sein: So gibt es die Praxis des ganz Untertauchens, neben einer Begießung oder einem individuellen Besprenkeln.

Wir erkennen natürlich auch eine Taufe an, die in einer Kirche vollzogen wurde die diese Erklärung nicht unterzeichnet hat, die aber in Übereinstimmung mit dem hier oben beschriebenen vollzogen wurde. Im Übrigen laden wir Kirchen und Christliche Glaubensgemeinschaften die diese Erklärung noch nicht unterzeichnet haben herzlich zur Unterzeichnung ein.

Wir freuen uns aus ganzem Herzen über jeden Menschen der getauft wird, sind uns aber auch der Tatsache bewusst, dass Gottes Gnade breiter wirkt als einzig in diesem Sakrament oder heiligen Zeichen. Wir nennen darum auch jene unsere Brüder und Schwestern, die zu Glaubensgemeinschaften gehören, die, auch wenn sie in der Christlichen Tradition stehen, doch die Taufe nicht kennen.

Diese gegenseitige Taufanerkennung ist ein Ausdruck unserer Überzeugung, dass Jesus Christus das Fundament unserer Einheit ist (Gal 3, 27-28). Wir bekennen, in Gemeinsamkeit mit der Erklärung über die Taufe, die von der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen ausgearbeitet wurde (Lima 1982, §6), dass die eine Taufe in Christus „ein Aufruf an die Kirchen (ist) um ihre Unterschiede zu überwinden und ihre Gemeinschaft sichtbar zu machen“.

Diese Erklärung wurde am 29. Mai 2012 zu Heiloo unterzeichnet in Namen von:
der Anglikanischen Kirche in den Niederlanden
des Bundes der Freien Evangelischen Kirchen
der Evangelischen Brudergemeinde in den Niederlanden
der Molukkischen Evangelischen Kirche
der Altkatholischen Kirche in den Niederlanden
der Protestantischen Kirche in den Niederlanden
der Remonstrantischen Bruderschaft
der Römisch-Katholischen Kirche in den Niederlanden
der Syrisch-Orthodoxen Kirche in den Niederlanden

Gegenseitige Annäherung rund um die Taufe
Eine Erklärung

Die Taufe gilt als das herausragende Zeichen der Verbundenheit Christlicher Kirchen miteinander. Dennoch war die Geschichte der Theologie und Praxis der Taufe auch eine Geschichte heftiger Konflikte. Manche davon wirken noch bis in unsere heutige Zeit hinein. So bleibt es schwierig, die Gegensätze zu überbrücken, die zwischen Kirchen herrschen, die nur die Taufe mündiger Mensen anerkennen (Erwachsenentaufe, Taufe nach vorherigem persönlichem Glaubensbekenntnis) und Kirchen, die manchmal nahezu ausschließlich die Kindertaufe praktizieren. Dies wurde auch bei dem vom Rat der Kirchen angestoßenen Projekt der Taufanerkennung deutlich. Trotzdem sind wir, die Unterzeichner dieser Erklärung, die zu beiden genannten Kirchentypen gehören, einander nähergekommen.

Geschichtliche Hintergründe

Bezüglich der Biblischen Basis: Wir unterschreiben, in Gemeinsamkeit mit der Tauferklärung der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen, dass „Taufen auf Grund von persönlichem Bekenntnis die bestbezeugte Form in den Neutestamentlichen Schriften“ ist (Lima 1982, §11). Sicher ist es auch so, dass in der frühesten Phase des Christentums auch Kinder getauft wurden. Vielfach wurde ja, zusammen mit demjenigen, der sich zu dem neuen Glauben bekehrte und sich taufen ließ, die ganze Hausgemeinschaft mit getauft. Aber in erster Linie ging es dann doch um das Bekenntnis und die Taufe jenes Bekehrten. Erst im Laufe der folgenden Jahrhunderte trat die Kindertaufe stärker in den Vordergrund: Kinder durften nicht unter der Macht der Sünde und des Todes belassen werden, und die Taufe galt als das Sakrament der Vergebung und Erneuerung. Aber auch der selbstverständliche Zusammenhang von Kirche und Gesellschaft im „corpus christianum“ spielte dabei eine Rolle.

So wurde die Kindertaufe zur allgemein üblichen Form. Die Momente der Taufe und des persönlichen Glaubensbekenntnisses rückten auf diese Weise auf dem Lebensweg zeitlich weit auseinander. In einem Teil der Reformation, bei den Täufern und Mennoniten, wollte man den Weg suchen zurück zu der in der Bibel „am besten bezeugten“ Praxis, zur Taufe auf Grund von persönlichem Bekenntnis. Man betrachtete diese als reiner: Taufe nicht als allgemeines Zeichen der Aufnahme in die Kirche, sondern als Bestätigung der eigenen, bewussten Entscheidung für Christus.

So entstanden zwei Traditionen nebeneinander: die Tradition der Kindertaufe und der Erwachsenentaufe. Und noch schroffer: sie standen einander gegenüber, als Optionen die einander mehr oder weniger ausschlossen. Dieser Konflikt hat viele in Verlegenheit gebracht und Schmerzen verursacht. Wie können wir dies überwinden? Die Annäherung zwischen den Traditionen beginnt mit der Erkenntnis, dass es hier um ein gemeinsames Problem geht, um das bittere Erbe von einigen Jahrhunderten Kirchengeschichte.

Wachsende gegenseitige Wertschätzung

In unseren Gesprächen wurde uns deutlich, dass für beide Sichtweisen, die der Erwachsenentaufe und die der Kindertaufe, viel spricht.

Jene, die Wert legen auf die Taufe nach vorherigem persönlichem Glaubensbekenntnis (Mennoniten, Baptisten, Evangelikale und Pfingstler) erkennen an, dass auch hinter der Praxis der Kindertaufe sehr wertvolle Gedanken stehen. Der Gedanke beispielsweise, dass Gott sich ohne Umschweife für uns entscheidet, uns (er)wählt ‚ohne Verdienst‘, und dass nicht wir es sind, die sich für Gott entscheiden: das spiegelt sich in einem Ritus der zeitlich weit vor dem Moment des „selbst entscheiden können“ liegt. Auch der Wunsch, mit einem starken, heiligen Zeichen markieren zu können, dass Gott selbst einem Kind seinen Segen gibt, wird von jenen, die auf der Erwachsenentaufe bestehen als sehr legitim erkannt. Gleiches gilt vom Bedürfnis, als Eltern dem Gefühl der Dankbarkeit für dieses Geschenk neuen Lebens Ausdruck zu verleihen. Daher hat sich im Kreise von Täufern und Mennoniten vielfach statt der Kindertaufe ein Ritus des „Eingangs“ zum Lebensanfang entwickelt, das „Überantworten“ von Kindern: Das Kind wird Gott überantwortet und gesegnet; die Dankbarkeit für dieses Geschenk wird ausgedrückt; die Eltern geloben ihr Kind in Liebe und Glauben zu erziehen.

Andererseits erkennen jene, die Kirchen angehören, in denen vor allem die Kindertaufe praktiziert wird, an, dass Taufe und Glaubensbekenntnis von ihrem Wesen her zusammengehören. Das kommt in der Praxis der „Taufe nach vorherigem persönlichen Glaubensbekenntnis“ sehr direkt zum Ausdruck. Natürlich gibt es auch bei der Kindertaufe eine Verbindung zum Bekenntnis: Die Taufe setzt das Bekenntnis der Eltern und der Glaubensgemeinschaft voraus. Außerdem weist die Taufe eines Kindes über sich selbst hinaus auf spätere Momente katechetischer Unterweisung, Konfirmation, bewusstes Zutreten zur Kirche. Aber, so müssen diejenigen anerkennen, die sich der Kindertaufe verpflichtet wissen, manchmal bleiben diese „späteren Momente“ aus, findet ein bewusstes ‚Ja‘ zur empfangenen Kindertaufe nicht oder kaum statt. Die Erwachsenentaufe hält die beiden Aspekte „Taufe“ und „Bekenntnis“ auf beneidenswerte Weise beisammen! Kein Wunder, dass es in den Kirchen die die Kindertaufe praktizieren regelmäßig Gläubige gibt, die angeben es zu bedauern, dass sie ihre eigenen (Kinder)taufe nicht bewusst erlebt haben, und die darum bitten bei ihrem Bekenntnisakt erneut getauft zu werden.

Ein lebenslanger Wachstumsprozess

So nimmt der Prozess der Wertschätzung für beide Seiten der Taufpraxis zu. Auf beiden Seiten wächst außerdem die Überzeugung, dass die Taufe nicht nur mit dem einen Moment des Geschehens zu tun hat, sondern Teil eines „lebenslangen Wachsens in Christus“ ist (Lima, §9). Die Kindertaufe ist der Beginn eines Weges, auf dem noch viele Momente der Zueignung des Glaubens folgen müssen. Die Erwachsenentaufe ist an ein deutliches Moment des Bekennens gebunden, aber diesem ist ein Weg des „Zuwachsens“ voran gegangen, und es wird ein Weg des weiteren Wachsens im Glauben folgen müssen. Diese Bild eines lebenslangen Weges relativiert die manchmal scharf gegeneinander abgesetzten Gegensätze zwischen den beiden Positionen. Nach dem Bericht der Gemeinsamen Arbeitsgruppe des Ökumenischen Rates der Kirchen und der Römisch-Katholischen Kirche konstituieren drei Elemente die Form der Initiation in der Taufe: die katechetische Unterweisung, die Taufe mit Wasser und die Teilnahme am Leben der Gemeinschaft. Diese Elemente sind Teil des lebenslangen Prozesses des Christwerdens (JWG, Eighth Report 2005, Baptism, §52).

Unerreichbar?

In den meisten Kirchen wird die Taufe als ein Sakrament oder Zeichen gesehen, dass nur einmalig an einem Menschen vollzogen werden kann: Sie ist nicht wiederholbar. Manchmal steht die „Nicht-Wiederholbarkeit“ unter Druck. Wie gesagt: Manche Gläubige in den Kirchen in denen die Kindertaufe gebräuchlich ist bedauern es, dass sie das stärkste Zeichen des „Aufgenommen werden in die Kirche Christi“ nicht selbst bewusst erfahren konnten. Mehrfach wird dann auch die Bitte ausgesprochen, beim Moment des eigenen Glaubensbekenntnisses erneut getauft zu werden. Innerhalb der heutigen westlichen Kultur, die die Erfahrbarkeit sehr betont, erklingt diese Frage um so lauter. Die Kirchen, die an der (einmaligen) Kindertaufe festhalten suchen darauf eine Antwort, indem sie den Momenten und Riten der Tauferneuerung und des Taufgedächtnisses zunehmend mehr Andacht schenken. Dabei geht es nicht um eine Wiederholung der Taufe, sondern um ein Erinnern der vollzogenen Taufe, um ein sich der Bedeutung erneut bewusst werden.

Auch in den Kirchen die ‚Taufe nach vorherigem persönlichen Glaubensbekenntnis‘ praktizieren, den Mennonitischen Kirchen, wird die Frage nach einer erneuten Taufe natürlicherweise regelmäßig relevant. Sie erklingt häufig beim Eintreten eines als Kind Getauften in eine solche Kirche. In den Mennonitischen Kirchen die an diesem Prozess der Annäherung rund um die Taufe teilnahmen, gibt es Verständnis dafür, dass die Problematik einer solchen Wiedertaufe bei den Schwesterkirchen, die die Kindertaufe praktizieren, schwer wiegt.

Darum versichern sie, hiermit vorsichtig umgehen zu wollen. Eine Anerkennung der Kindertaufe im Allgemeinen können und wollen die Mennonitischen Kirchen noch nicht aussprechen. Aber beim Zutreten eines in einer anderen Kirche als Kind Getauften ist eine Wiedertaufe in manchen Mennonitischen Gemeinden keine Verpflichtung mehr. In vielen dieser Mennonitischen Gemeinden gibt es dementsprechend Erfahrungen mit einer Form der „offenen Mitgliedschaft“: Während in diesen Gemeinschaften bisher Mitgliedschaft im strikten Sinne verbunden war mit einer „Taufe nach vorherigem persönlichem Glaubensbekenntnis“, gesteht man heute Menschen die die Kindertaufe empfangen haben, die sich aber in ihrem Gewissen beschwert fühlen bei dem Gedanken an eine Wiedertaufe, die vollständige Teilnahme am Gemeindeleben zu. Für die Zukunft scheint es wichtig, sich weiter zu besinnen auf solche Formen offener Mitgliedschaft.

Manchmal aber erscheint den Mennonitischen Kirchen die Bitte um eine erneute Taufe tatsächlich legitim. Wenn jemand der als Kind getauft wurde beim Zutritt zur Mennonitischen Gemeinschaft den Wunsch äußert, auf Grund seines dann und dort erfolgenden Glaubensbekenntnisses getauft zu werden, kann es seelsorgerliche Gründe geben, diesem Wunsch zu entsprechen. Diesem Entschluss sollten allerdings tiefgreifende seelsorgerliche Überlegungen vorweggehen. Die Mennonitische Gemeinde meldet diese Taufe bei jener Kirche an, in der der entsprechende Gläubige Mitglied war, und beruft sich auf die Anerkennung einer gewissenhaft gefällten Entscheidung.

Ist die Taufe notwendig?

„Die Taufe gilt als das herausragende Zeichen der Verbundenheit Christlicher Kirchen miteinander“: Mit diesem Satz begannen wir diese Erklärung. Die meisten Kirchen sind sich darin einig, dass die Taufe die unverzichtbare Besiegelung des „zu Christus gehören“ ist. Auch Kirchen die dies beinahe als Selbstverständlichkeit betrachten anerkennen jedoch, dass es Glaubensgemeinschaften gibt, die dieses Sakrament nicht kennen und dennoch vollständig innerhalb der Christlichen Tradition stehen (Heilsarmee, Gemeinschaft der Freunde). Auch gibt es Kirchen, wie zum Beispiel die Remonstrantische Bruderschaft, die die Taufe als „Zeichen der Aufnahme in die Kirche Christi“ anerkennen, diese aber nicht als feste Bedingung für die Mitgliedschaft betrachten (auch hier gibt es eine Form der „offenen Mitgliedschaft“). Dies alles erinnert uns daran, dass Gottes Gnade breiter wirkt als einzig im Sakrament der Taufe.

Ein Geist und eine Taufe

Zwischen den Kirchen zeichnet sich ein ‚auf einander Zugehen‘ ab, – vor allem zwischen den Kirchen denen die Kindertaufe wichtig ist und den Kirchen der Mennonitischen Tradition. Wir, die Glaubensgemeinschaften die bei diesem Prozess der Taufanerkennung beteiligt waren, konstatieren dies mit Dankbarkeit und Freude. Wir hoffen, dass wir in weiteren Kontakten, in der Breite der Ökumene oder bilateral, immer mehr entdecken können, das es der eine Geist ist, der in den verschiedenen Taufpraktiken mit ihren starken und schwachen Punkten wirkt, und der uns auf alte, vertraute Wege bringt, aber manchmal auch auf überraschend neue.

Die Kirchen die diese Erklärung unterzeichnen sprechen den Wunsch aus, auf Basis des hier oben Beschriebenen weiter das gemeinsame Gespräch suchen zu wollen.

Diese Erklärung wurde am 29. Mai 2012 zu Heiloo unterzeichnet im Namen von den neun Kirchen die auch Erklärung I unterzeichneten,
und der Allgemeinen Mennonitischen Sozietät
den Vereinigten Pfingst- und Evangeliumsgemeinden

Übersetzung: dr. Andreas Wöhle